Sich verändernde Nutzeranforderungen – Im Fokus die Rolle der Projektentwickler
Der Immobilien-Nutzer („Kundenrolle“)
Sobald Nutzer, meist in Vorbereitung auf einen auslaufenden Mietvertrag, ihren Unternehmensstandort und die Immobilienstrategie intensiver unter die Lupe nehmen müssen, gilt es zahlreiche Überlegungen anzustreben:
- Gibt es ungenutzte Mietfläche, die nicht benötigt wird?
- Lässt sich die Flächeneffizienz verbessern?
- Ist das Bürokonzept nach zeitgemäß und auf die Anforderungen passend?
- Entsprechen die bauliche Qualität und die Gebäudestruktur noch den funktionalen und organisatorischen Anforderungen?
- Sind technische Defizite (z.B. Lüftung, Kühlung) überhaupt tragbar?
- etc.
Alles läuft darauf hinaus die Möglichkeiten und Chancen im Bestand auszuloten und den Aspekten eines Umzuges gegenüberzustellen. Nutzer müssen daher im Vorfeld Ihre Anforderungen präzise definieren und „verständlich für den Markt“ aufbereiten. Alle wirtschaftlichen Parameter müssen betrachtet und eine klare Strategie definiert sein.
In den vergangenen Jahren hat dabei die Komplexität im Rahmen der Anforderungsdefinition stark zugenommen. Begründet wird dies im technologischen Fortschritt, dem steigenden Flexibilisierungsgrad bei der Ausgestaltung neuer Büroarbeitswelten als auch in einem höheren Gestaltungsanspruch. Insbesondere Großunternehmen, meist global organisiert, setzen Zeichen in dem klare, individuelle Standards definiert werden:
- IT Ausgestaltung
- Kriterien für Lüftung und Kühlung
- Maßgabe für Gestaltung und Design
- Vorgaben für Materialen und Formen (Fassade, Bodenbeläge etc.)
- Feste strukturelle Definitionen
- Vorgaben zur Ausgestaltung von Außenbereichen
- etc.
Sind die Rahmenparameter vorliegend (Raum- und Funktionsprogramm, Lastenheft techn. Anforderungen und bauliche Qualitäten) erfolgt in der Regel eine gezielte Marktansprache (an Developer, Vermieter, Investoren), um ein entsprechendes Angebot abzufordern. Die Nutzerseite kann nun die Rückläufe analysieren, vergleichen und bewerten.
Stange oder Maßanzug? (Source: Pixabay)
Die Vermieter („Verkäuferrolle“)
In der Betrachtung der großen Immobilienmärkte („Big 7“), lassen sich deutliche Differenzen in den Rückläufen (Inhalt, Preis, Qualität) aus der Marktansprache feststellen. Auch ist attestierbar, dass die Angebote für eine „angefragte“ Immobilienlösung nur schwer vergleichbar sind.
Warum klafft die Schere hier so weit auseinander?
Wie bereits beschreiben, haben sich in den vergangenen Jahren die Anforderungen der Nutzer rasant verändert und qualitativ erhöht. Es gibt einerseits Developer, die sich den Herausforderungen bereits stellen, sich damit kundenorientierter und fachlich gerüstet am Markt behaupten. Andererseits findet man aber auch viele Developer, die sich konservativ und antiquiert präsentieren, d.h. zu starr und unflexibel den Belangen der Nutzer begegnen. Grundsätzlich ist man aber vielerorts damit beschäftigt die Versäumnisse der Vergangenheit auszuräumen und sehr schnell adäquate Lösungen zu präsentieren:
- Mieterbaubeschreibungen hinsichtlich Qualitätsstandard überholen und zeitgemäß gestalten
- Fachliche Qualitäten und Kompetenzen der Projektteams der interdisziplinären Besetzung auf Nutzerseite anpassen
- Fokussierte Vorleistungen in den Nutzeransprachen präsentieren
- Mehr Transparenz in der Bearbeitung von Angeboten (Kosten, Planung, Standard etc.) erzeugen
- Mehr Individualität darstellen
- etc.
Folgen, Ursachen und Rahmenfaktoren
Derzeit gestalten sich Verhandlungsprozesse mit Vermietern aus o.g. Grunden meist noch komplex. Insbesondere aber auch nach Mietvertragsabschluss sind die Folgen spürbar: Mehrkostenforderungen, Planungsfehler, Nachtragsdiskussionen usw.!
Der stetige Wandel erfordert Veränderungen und Anpassungen, das Festhalten an zurückliegenden Themen ist in Ansätzen gut, aber Inhalte sollten weiterentwickelt und überdacht werden. Aussagen wie: „Wir haben schon unzählige Gebäude so gebaut – alle Kunden waren bisher zufrieden“, haben definitiv ausgedient!
Die Ressentiments auf der Vermieterseite sind aber sicherlich auch an übergeordnete Themen geknüpft. Die Begründung liegt zum einen eher in den wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen, die in den vergangenen Jahren erhebliche Veränderungen mit sich führten. Die Anpannungen bei der Immobilienfinanzierung, wie z.B. die gestiegene Eigenkapitalquote (Basel III), sind Kriterien, die einige Investoren unflexibler werden lassen.
Dabei sei erwähnt, dass mehr als drei Viertel der Immobilieninvestoren ohne Schwierigkeiten Zugang zu Fremdkapital bekommen. Das ausgeliehene Fremdkapital hat sich auf den europäischen Immobilienmärkten im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Laut der aktuellen Ausgabe der DTZ-Studie „Money into Property Europe“ stieg es um 80 % auf 34 Mrd. Euro. Ebenso sind in den Immobilienhochburgen Angebotsüberhänge zu verzeichnen (Flächen, Immobilen, Konkurrenz), die die limitierte Nachfrage (insbesondere für großvolumige Gesuche) nur spärlich fokussiert bedienen, da dort eine Zurückhaltung für größere Investitionen vermutet wird.
Zum anderen ist der Kontext der Einflussfaktoren zu betrachten, der das Verhalten von Projektentwicklern stark bestimmt:
Baubranche: Durch hohe Auslastungsquoten, u.a. bedingt durch starke Aktivitäten im Wohnungsbausektor, der Baufirmen und Zulieferer sind keine große Flexibilitäten auf der Kostenseite zu verzeichnen.
Investmentmarkt: es besteht hier eine große Selektion bzgl. bestimmter Produkte, die sich durch Lage, Gebäudestrukturen und Vermarktungsoptionen definieren.
Globalisierung: eine steigende Anzahl von Unternehmen sind global orientiert und definieren entsprechende Standards.
Es entstehen offensichtlich Konfliktpotentiale, die sich vor allem dadurch begründen, dass globale auf lokale Standards treffen, als auch die Interessen der Projektentwickler sich in erster Linie an Investoren ausrichten. Die beschriebenen Widersprüche zu den Nutzerinteressen sind die Folge!
Auf der Seite der Nutzer sollten die richtigen Berater ins Boot geholt werden, nur so gelingt die adäquate Ermittlung und Übersetzung der zahlreichen Anforderungen:
a) Immobilie im Verantwortungsbereich Human Ressources: Recruiting, Mitarbeiterbindung, Gestaltung
b) Immobilie im Verantwortungsbereich Finance: wachsender Kostendruck, Kostenverantwortung, Betrieb
c) Immobilie im Verantwortungsbereich Legal: Mietvertrag, Betriebsvereinbarungen, Einsparungen, Service Agreements
VALUE FOR WORKPLACES: Die Fesseln sind nicht allzu fest geschnürt. Projektentwickler sollten kunden- und serviceorientert die differenzierten Nutzeranforderungen bedienen können. Weiterhin ist ein gezieltes Projektmanagement von großer Bedeutung. Die Komplexität der Prozesse wird vielerorts unterschätzt, auch hinsichtlich des Einsatzes von multidisziplinären Teams, die es zu koordinieren gilt.
Die Projektteams aus Nutzern, Beratern und Entwicklern arbeiten alle am gleichen Ziel. Daraus sollte sich ein Selbstverständnis zur kollegial-partnerschaftlichen Arbeitsweise verstärken.